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Landtagswahl in Sachsen: Gegenwind für Kretschmer
Dresden.Das Raunen und Raunen in der sächsischen CDU war vor der Kommunalwahl groß. Die Rechnung ging in etwa so aus: Wenn die CDU einen Landrat verliere, wäre das für die Union verkraftbar. Zwei verlorene Bezirksämter wären unschön, aber erträglich. In der Union wurden ernsthafte Kämpfe mit dem Verlust von drei Grafschaften vorhergesagt. Dann, sagte er sich, könnten Diskussionen darüber beginnen, ob Michael Kretschmer als Ministerpräsident und Staatspräsident der richtige Mann am richtigen Ort sei.
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Bei der CDU versuchen einige seit Wochen, auf solche Konstruktionen zu kommen. Sie waren Thema bei den Abgeordneten und in den einzelnen Bezirksvorständen. Niemand rief offen zur Rebellion auf. Einige waren jedoch besonders unzufrieden: mit der Koalition, mit der Arbeit der Regierung, mit Kretschmer persönlich. Nach dem Wahlergebnis kann sich Kretschmer vorerst bestätigt fühlen. Union schnitt nicht so schlecht ab, wie viele befürchtet hatten.
Die CDU ist fast überall vorne
In den AfD-Hochburgen Görlitz und Bautzen führt der CDU-Kandidat vor der zweiten Runde klar. Im Kreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge gelang dem Amtsinhaber der CDU, Michael Geisler, im ersten Wahlgang die Wiederwahl. Ebenfalls im Amt bestätigt wurden Henry Graichen (CDU) im Kreis Leipzig oder Kai Emanuel (parteilos) in Nordsachsen, der von der CDU unterstützt wird. Sie erzielten Ergebnisse weit über 60 Prozent. Nur in Mittelsachsen belegte die CDU nicht den ersten Platz. Dort gewann der Augustusburger Oberbürgermeister Dirk Neubauer (parteilos), für den SPD, Linke und Grüne geworben hatten, mit 41,3 Prozent. Sven Liebhauser von der CDU lag mit 30 Prozent zurück.
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So ekelhaft der Auftritt in Mittelsachsen für die Union ist, für die Abrechnung, die Kretschmers Kritiker gern gesehen hätten, wird es nicht reichen. Ihre Vorwürfe sind bekannt: Nur wenige CDUs spiegeln sich in der Arbeit der sächsischen Landesregierung wider, stattdessen bestimmen Grüne und SPD die Inhalte. Der Ministerpräsident lässt sich von den Abgeordneten kaum einmischen, ist stur, beratungsresistent und verspricht zu viel. An der schlechten Stimmung ist die im politischen Alltag kaum wahrnehmbare Fraktion nicht schuld.
Kritiker Fuzzy Mind Games
Doch so eindeutig der Vorwurf an die Kretschmer-Adresse ist, so vage waren und sind die Staatsanwälte. Niemand hat sich öffentlich oder halböffentlich positioniert. Viele wussten angeblich, wer worüber nachdachte. Niemand gehörte ihm. Uneinigkeit herrschte auch darüber, ob die ersten Anschläge nach der ersten oder nach der zweiten Runde der Bezirkswahlen erfolgen würden. Immer wieder wurden verschiedene Konstellationen genannt, in denen die Erfolgsaussichten besser wären. Im Lager Kretschmer machte man sich schon mit den „Verschwörern“ lustig.
Kretschmers Unterstützer waren jedoch wachsam. Bereits nach der Bundestagswahl beklagten sich erfolglose Kandidaten lautstark über die Arbeit der Landesregierung und des Ministerpräsidenten, die den Erfolg im Wahlkreis vereitelt hätte. In der Vergangenheit hat der ein oder andere erfolglose Bürgermeisterkandidat Kretschmers Corona-Kurs und nicht seine eigenen Mängel für seine Niederlage verantwortlich gemacht. Dass die Fraktion Ende März Pläne ablehnte, ganz Sachsen zum kritischen Punkt zu erklären, war auch eine Folge dieser Ressentiments. CDU-Fraktionschef Christian Hartmann betonte jedoch, man arbeite “eng und konstruktiv” mit Kretschmer zusammen.
Der Landesvorstand trifft sich am Montag
Der Ministerpräsident hat sich nicht dazu geäußert, wie er die Stimmung in seiner Partei einschätzt. Nach dem Nein zum Corona-Hotspot kehrte Kretschmer in den Plenartagen der Fraktion den Rücken. Im Kreiswahlkampf war er unterwegs, aber nicht allzu präsent. Bei Wahlen gehe es um die Frage, ob man Proteste oder konstruktive Politik wolle, sagte er kürzlich.
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Wie immer nach der Wahl trifft sich der Landesvorstand der CDU am Montagabend zu einer ersten Analyse. Diesmal findet die Sitzung digital statt. Die Atmosphäre muss entspannt sein. Denn auch bei schwachen Ergebnissen zeigte sich der Landesvorstand zivilisiert: Als die CDU bei der Bundestagswahl im September vier der 16 Direktmandate in ganz Sachsen gewann und 17,2 Prozent der Zweitstimmen errang, hielt sich der Streit in Grenzen. Die CDU zuckte zusammen und blickte nach vorne. Jetzt kann sie richtig feiern.